von Gerhard Klussmeier und Hainer Plaul

Es ist immer wieder erstaunlich wie es ein Verlag schafft, der nur ein einziges Thema als Schwerpunkt hat, ständig mit neuen Ideen aufzuwarten. So ist das auch mit dem Sekundärwerk Karl May und seine Zeit. Da wird im typischen grünen Karl May Verlag Design ein wuchtiges Buch präsentiert, das einen allein durch sein Gewicht schon schwer in den Händen liegt. Für die Masse an Hochglanzpapier ist der Rücken ein wenig dünn geraten und man hat ständig Angst das es einem in den Finger zerbricht.

Der Inhalt ist dann genauso schwer, aber nicht vom Stoff her, sondern von der Fülle der gebotenen Informationen. Wer hier einfach nur eine weitere Biografie erwartet, der dürfte angenehm überrascht werden, denn auch die Geschichte dieser Zeit wird beleuchtet und an Hand von alten Fotos wunderbar unterstützt. Der Untertitel sagt es im Grunde schon: Bilder, Texte, Dokumente, Eine Bildbiografie. Unterteilt wird das Buch in die einzelnen Lebensabschnitte des Autors, wie Beispielsweise Hohenstein-Ernstthal, Chemnitz, Dresden, Naher und ferner Osten, etc.

Der Leser erhält einen Einblick in die Entstehungsgeschichte der Orte und des Landes, in dem Karl May lebte, litt und arbeitete. Sachsen war zu jeder Zeit keine Einheit, ebenso wenig wie es Deutschland in diesen Tagen war. Und so erfahren wir das May eigentlich unter der Botmäßigkeit der Schönburgischen Lehns- und Receßherrschaft, einem der letzten halbsouveränen Territorien innerhalb des sächsischen Staatsgebietes aufwuchs. Für uns Heute ein ganz merkwürdiges Gefühl. Und nicht nur das. Man durfte dieses Gebiet und Sachsen auch nicht so einfach verlassen. Nein, es bedurfte der Genehmigung durch den Lehnsherrn oder der Regierung in Dresden. Das kommt einem aus heutiger Sicht wie ein Strafaufenthalt in der DDR vor. Im Grunde der reinste Horror. Gefangener im eigenen Land und dann diese vorherrschende Gedankenhaltung, die in den 1840er Jahren herrschte. Da war nichts von Freiheit und Gleichberechtigung zu spüren, von aufklärerischem Gedankengut oder freiem Denken. Das Leben zu dieser Zeit muss, aus heutiger Sicht, schrecklich gewesen sein. Nicht umsonst spiegelt sich dies auch in vielen Mayschen Geschichten wieder.

In dem Prachtband werden die einzelnen Stationen und die Umstände des Lebens beleuchtet, die May durchlief. Seine Kindheit in Hohenstein-Ernstthal, seine Suche nach einem anderen Leben und der Versuch Lehrer zu werden. Wenn man sich sein Abschluss-Zeugnis anschaut, dann ist der Mann wirklich gut gewesen. Ich würde mich nie getrauen meines dagegen zu halten. Aber zu dieser Zeit sollte man als Lehrer in ein Korsett gepresst werden, welches keinerlei freien Gedanken zuließ und so eckte May auch hier wieder an und wurde aus diesen Kreisen verstoßen. Man kennt ja die Geschichten dazu. Dann die Zeit seiner Rastlosigkeit und der vielen Gaunereien, damit er überleben konnte. Wobei sich bei machen natürlich die Frage stellt, ob er da nicht auch einfach hereingelegt oder ausgenutzt wurde. Zu der Zeit bewegte er sich am Abgrund des Lebens und es hätte nicht viel gefehlt um ihn erst gar nicht in den Geschichtsbüchern der Schriftstellerei aufzulisten. Aber er bekam wieder eine Chance und konnte sie, nach ein paar Strauchlern, ergreifen und festhalten. Dann seine Zeit als Zeitschriftenredakteur, freier Schriftsteller und Kolportageschreiber, bis zu den ersten richtigen Romane und seiner beginnenden überbordenden Selbstinszenierung.

Das alles wird reichlich mit alten Fotos, Postkarten aus jener Zeit und einer Menge an Hintergrundinformationen gewürzt. Dabei ist es manchmal erstaunlich das einige der Eckpunkte, beispielsweise Gebäude, noch heute existieren und die Vergleichsfotos sehr erstaunlich sind. Das macht eine Menge Lesespass und man braust nur so durch die Seiten. Einzig seine Reisen werden irgendwie recht lieblos heruntergerasselt und die Reisestationen aneinandergereiht. Diese Passagen sind doch etwas lahm und wollen schnell umgeblättert werden. Da hätte man sich doch mehr Hintergrundinformationen gewünscht. Doch das schmälert den Gesamteindruck in keinster Weise. Für den Karl May Freund ein wundervolles Werk ihm und seiner Zeit ein Stückchen näher zu kommen. Für den Geschichtsfreund etwas Hintergrund zu der Zeit, die uns heute so fremdartig wie Asien vorkommt und für den Bücherfreund ein Augenschmaus. Ein Buch das in keinem Karl May Schrank fehlen sollte.


Medium gebundene Ausgabe
Buch Genre Sachbuch
Erscheinungjahr2007
Verlag/LabelKarl May Verlag
AutorGerhard Klussmeier und Hainer Plaul
ISBN/Asin978-3780201812
Seitenzahl592